Eine Entgegnung auf aktuelle Stellungnahmen zum Vorschlag das Krankenhaus an den östlichen Stadtrand zu verlegen um Standtentwicklung zu ermöglichen.
Sehr geehrter Herr Regionspräsident Steffen Krach,
Sehr geehrte Frau Vorsitzende der Regionsversammlung Christina Schlicker,
Sehr geehrte Damen und Herren Fraktionsvorsitzende der Fraktionen der Regionsversammlung,
Sehr geehrter Herr Krankenhauspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion Region Hannover Oliver Brandt,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Cord Mittendorf,
Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender Stadtrat Gehrden, Heinrich Möller,
Sehr geehrter Herren Fraktionsvorsitzende der Fraktionen des Stadtrat Gehrden,
Sehr geehrte Damen und Herren des Aufsichtsrates der Klinikum Hannover GmbH,
Sehr geehrte Damen und Herren der Geschäftsführung der Klinikum Hannover GmbH,
Gehrden ist seit 1964 wichtigster Standort der Gesundheitsversorgung im Westen der heutigen Region Hannover. Bei seiner Eröffnung war das Robert-Koch Krankenhaus mit 427 Betten das damals größte Krankenhaus in unserer Region.[1]
Nach knapp 50 Jahren Betriebszeit wurde eine Modernisierung des Standorts beschlossen und im Jahr 2015 konnte mit Fertigstellung des Erweiterungsbaus inkl. einer neuen Notaufnahme, einer Intensivstation mit 25 Betten sowie zwei Pflegestationen ein erster Schritt unternommen werden.[2]
2017 wurde anlässlich eines Besuchs des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil in Begleitung des damaligen Regionspräsidenten Hauke Jagau und des SPD-Bundestagsabgeordneten Matthias Miersch ein Neubau des Krankenhauses in Aussicht gestellt.[3]
Wir dürfen also feststellen, das Robert-Koch-Klinikum gehört zu Gehrden, wie der Burgbergturm,. Und die Margarethenkirche.
Was das Klinikum aber von den beiden erstgenannten unterscheidet ist, dass das Krankenhaus angesichts ständig fortschreitender Anforderungen technischer, medizinischer, pflegerischer und wirtschaftlicher Natur einem permanenten Anpassungsdruck unterworfen ist. Neben vielen anderen Faktoren spielt dabei der Standort eine wichtige, weil ermöglichende Rolle. Diese Anpassungsfähigkeit an zukünftig fortschreitende Anforderungen, ist nach Auskunft der die Stadt Gehrden und die Klinikum Region Hannover GmbH im aktuellen Prozesss der Aufstellung des Bebauungsplans Nummer 55 begleitenden Fachplaner, nicht mehr gegeben. So die mündlich erteilte Auskunft des Planungsbüro planB anlässlich der letzten Ratsinformation am 22.11.2021 auf eine entsprechende Nachfrage.
Vor diesem Hintergrund ist also sorgfältig abzuwägen, wie die Investition in Höhe von insgesamt rund 200 Mio. EUR nachhaltig und klug getätigt wird. Was wir heute entscheiden hat Gültigkeit weit über die Dauer einer Legislaturperiode hinaus, sondern betrifft die Gesundheitsvorsorge von mindestens 2 Generationen.
Losgelöst vom Krankenhaus gibt es für Rat und Verwaltung der Stadt Gehrden einen weiteren wichtigen – aus rein kommunalpolitischer Sicht sogar wichtigeren – Grund sich intensiv und klug mit großen Infrastrukturprojekten zu befassen. Der Rat der Stadt Gehrden hat anlässlich seiner Sitzung einen Doppelhaushalt für die Jahre 2022/23 verabschiedet, der in diesen beiden Haushaltsjahren, aber auch in der mittelfristigen Finanzplanung jährlich mit ca. 8 Mio. EUR defizitär ist. Warum dem so ist und dass weitere Konsolidierungen erstens kein ausreichendes Potential zum Ausgleich haben und zweitens weitere Steuererhöhungen kaum in Frage kommen, habe ich meiner Haushaltsrede dargestellt. Vor allem habe ich da bereits gefordert, dass Rat und Verwaltung der Stadt Gehrden mangels Einsparpotentialen die Einnahmen der Stadt erhöhen müssen.[4]
Weil die Feststellung alleine aber natürlich nicht ausreicht und weder die großen Ratsfraktionen der CDU, SPD, oder Bündnis 90/Die Grünen Ideen zur Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Gehrden erkennen lassen, habe ich in der Folge ein Konzept entwickelt, dass unter Einbeziehung einer Vielzahl, zum Teil langjähriger, Forderungen und Wünsche einen Weg aus der Haushaltslage skizziert.[5]
Nachdem Sie, Herr Regionspräsident Krach, die in unserem Gespräch von mir ins Spiel gebrachte Ansiedlung einer Rehaklinik als Lösungskomponente für die ebenfalls defizitäre Gesamtsituation der Klinikum Region Hannover GmbH anlässlich Ihrer 100 Tage Bilanz aufgegriffen haben[6], stellt sich die Situation aus meiner Perspektive so dar, dass aus der Idee eine Chance geworden ist.[7]
Sehr geehrte Damen und Herren,
um Ihnen die Ernsthaftigkeit und den fortgeschrittenen Reifegrad meiner Überlegungen ein wenig darzustellen, erlauben Sie dass ich meine bisherigen Ausführungen fortschreibe und darlege, warum die Überlegungen, im Gegensatz zu den bisher ablehnenden Äußerungen, die sich inhaltlich mit meinen Vorschlägen nicht auseinandersetzen, einen positiven Beitrag haben.
Eine der Haupterwiderungen, die mir entgegen gebracht wird ist, dass zwischen 2013 und 2015 bereits ein Erweiterungsbau errichtet wurde. Hierfür wurden inklusive der medizinischen Ausstattung 35 Mio. EUR investiert[8], die im Fall einer Verlegung verloren gingen.
Dem ist nicht so, denn der Kern meines Vorschlages zielt auf eine Weiternutzung dieses Erweiterungsbaus als Rehaklinik ab. So werden die damaligen Baukosten von 25 Mio. EUR einer langfristigen Weiternutzung zugeführt. Ich gehe weiter davon aus, dass ein Teil der medizinischen Ausstattung ebenfalls umzugsfähig ist. Andernfalls darf man aber auch davon ausgehen, dass nach sieben Jahren Nutzungsdauer (bis 2026 wären es 11 Jahre) aufgrund erfolgter Abschreibungen nur noch geringe Restwerte in der Bilanz der Region Hannover GmbH zu finden sind.
Ein Verlust der investierten Mittel kann demnach negiert werden.
Sehr geehrter Herr Brandt, in Ihrem Statement vom 11.02.2022 entgegnen Sie als einziges Sachargument: „Die Planung ist weit fortgeschritten, und die Umsetzung ist der beste und richtige Weg für das Krankenhaus in Gehrden.“[9] Bezüglich des ersten Teiles Ihrer Aussage stimme ich Ihnen zu. Die Planungen sind weit fortgeschritten. Ob sie aber der beste und richtige Weg für das Krankenhaus in Gehrden ist, stelle ich angesichts meiner heutigen und vorherigen Ausführungen infrage. Unabhängig davon, ist es Aufgabe der Gehrdener Verwaltung und des Rates im Sinne der Kommune zu denken und zu handeln. Wechsele ich also die Perspektive von der rein betriebswirtschaftlichen, isolierten Perspektive des Krankenhauses zur volkswirtschaftlichen Fragestellung: „Was ist gut für den Ort?“ dann ist meine Schlussfolgerung, dass ein Neubau am Stadtrand für die Stadt die besseren Entwicklungsperspektiven eröffnet und alle anderen Aussagen wie „Wir stehen zum Standort“ etc. inkludiert. Ja, auch ich stehe zum Robert-Koch Krankenhaus am Standort Gehrden.
Sehr geehrte Frau Gardlo, in Ihrem Statement, ebenfalls am 11.02.2022 führen Sie die bekannte Drohkulisse ihres Parteifreundes und ehemaligen Regionspräsidenten Hauke Jagau, des potentiellen Verlustes von Fördermitteln ohne Beleg fort.[10] Eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Konzept findet nicht statt. Den Hinweis auf die „schlichte nicht Umsetzbarkeit“ könnte ich glatt so interpretieren, dass Sie das Konzept als tragfähig betrachten und angesichts der fortgeschrittenen Zeit lediglich bedauern es nicht selbst entwickelt zu haben.
Sehr geehrte Kollegen von der Ratsfraktion der FDP im Stadtrat Gehrden, wie an anderer Stelle bereits geäußert, halte ich die Replik der Realsatire für unnötig, Unnötig vor allem deswegen, weil in der Ausführung deutlich wird, dass eine Auseinandersetzung mit meinem Vorschlag nicht stattgefunden hat. Der Vorwurf, ich würde ein Krankenhaus abreißen wollen, um ein Krankenhaus zu bauen ist aus der Luft gegriffen und falsch! Gerade von einer FDP Fraktion würde ich erwarten, dass sie eine nachhaltige und wirtschaftliche Mittelverwendung öffentlicher Haushalte immer wieder anmahnt und Projekte daraufhin bewertet. Die Frage muss erlaubt sein, warum ein Krankenhausneubau in Großburgwedel, dass eine ähnliche Ausgangslage hat wie Gehrden, auf der grünen Wiese als möglich und sinnvoll bewertet wird und in Gehrden nicht. Die bisher veröffentlichten Projektvolumen mit „jenseits 180 Mio. EUR“ für Großburgwedel[11] und 200 Mio. EUR für Gehrden[12] sind jedenfalls sehr vergleichbar. Auch die Baukosten des Neubau des Klinikum Siloah mit 193 Mio. EUR[13] liegen in derselben Größenordnung.
Sehr geehrte Damen und Herren,
mit dem Neubau des Siloah Krankenhauses wurden die Standorte Siloah, Oststadt und Heidehaus im Neubau an der Ihme vereint.[14] Der Standort Heidehaus wurde zu einem Altenheim[15] entwickelt, was man heute völlig zu Recht als Erfolgsgeschichte wahrnehmen kann.
Legt man diese Blaupause an die Entwicklung der Krankenhausstandorte im Westen der Region an, so ist die Schließung des Krankenhauses in Springe und die Übernahme der Versorgung am Standort Gehrden der erste Schritt. Dies nun, analog des Vorgehens an den Standorten Großburgwedel und Siloah, mit einem Neubau an zukunftsorientierter Stelle fortzusetzen und den alten Standort entweder zu verkaufen, oder selbst als Reha-Standort passend zum kardiologischen Schwerpunkt des zukünftigen Robert-Koch Klinikum weiterzuentwickeln stellt eine Gleichbehandlung der Standorte und langfristige Sicherung der medizinischen Versorgung in der ganzen Region Hannover dar.
Sicher ist, die Immobilienwirtschaft hat das Thema Reha-Immobilien seit einiger Zeit als Faktor entdeckt und sieht hier große Chancen.[16] „Eine immer älter werdende Bevölkerung sowie die damit
einhergehende Zunahme von chronischen Krankheiten und auch die Leitsätze „Reha vor Rente“ und „Reha vor Pflege“ bieten einen sehr guten Ausgangspunkt für langfristige Investments in diesem Healthcare-Segment.“
Wir haben die Beispiele, wir haben das Wissen, was wir brauchen ist Willen.
Gerne stehe ich für die weitere Sachdiskussion in jedem Format zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Die PARTEI
Stephan Fromm
Vorsitzender der Ratsgruppe Die PARTEI / Die Linke
[1] https://gehrden.krh.de/ueber-uns/geschichte
[2] https://gehrden.krh.de/ueber-uns/geschichte
[3] https://www.haz.de/Umland/Gehrden/Nachrichten/Das-Klinikum-Robert-Koch-in-Gehrden-erhaelt-einen-Neubau
[4] https://stadtrat-stephan.de/haushaltsrede-2022-23/
[5] https://stadtrat-stephan.de/eine-bessere-zukunft-ist-moeglich/
[6] https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/100-Tage-im-Amt-Hannovers-Regionspraesident-Steffen-Krach-eine-Bilanz
[7] https://stadtrat-stephan.de/offener-brief-an-rat-und-verwaltung/
[8] https://www.krh.de/news/2015/neubau-gehrden
[9] https://www.con-nect.de/gehrden/nachricht/40585-regions-cdu-anbau-am-klinikstandort-in-gehrden-ist-die-richtige-entscheidung.html
[10] https://www.con-nect.de/gehrden/nachricht/40603-regions-spd-keine-standortdebatte-in-gehrden.html
[11] https://www.haz.de/Umland/Burgwedel/Grossburgwedel-Krankenhaus-Neubauplaene-KRH-und-Region-zum-Stand-der-Planungen
[12] https://www.haz.de/Umland/Gehrden/Gehrden-Neubau-des-Krankenhauses-wird-der-modernste-in-Niedersachsen
[13] https://www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/Uebersicht/Siloah-Bau-wird-deutlich-teurer
[14] https://siloah.krh.de/ueber-uns/geschichte
[15] https://www.hahne-residenzen.de/aktuelles/10-jahre-heidehaus-ueber-100-jahre-geschichte/
[16] https://www.jll.de/de/trends-and-insights/research/immobilienmarkt-fuer-rehabilitationskliniken