Braucht Gehrden eine Schulstraße?
Braucht Gehrden eine Schulstraße?

Braucht Gehrden eine Schulstraße?

Schulwegsicherheit ist ein wichtiges Thema. Wollen wir doch alle, dass unsere Kinder sicher zur Schule und wieder nach Hause zurücklegen können, ohne dabei übermäßigen strukturellen Gefahren ausgesetzt zu sein. Haben Eltern das Gefühl, dass das nicht gewährleistet ist, unterbinden sie den eigentlich sinnvollen Fuß-, oder Radweg zur Schule und chauffieren sie stattdessen mit dem Auto im Elterntaxi. Und genau das ist ein Problem!

Mit der Einrichtung der Fahrradstraße im östlichen Bereich der Lange Feldstraße, unmittelbar vor den Schulen, hat die Stadt Gehrden einen wichtigen Schritt zur Verbesserung der Schulwegsicherheit für die Schülerinnen und Schüler der GOBS und GS Langes Feld geleistet.

Die eingerichtete Hol- und Bringzone an der Schulstraße, gegenüber dem Delfi-Bad ist ein weiteres wichtiges Element in dieser Lösung.

Aufgrund von Bürgerbeschwerden über die Verkehrssituation morgens zwischen 07:15 und 08:00 Uhr habe ich mir vor Ort ein Bild gemacht.

Leider muss auch ich feststellen, dass die Situation nicht befriedigend und durch die Baustellensituation an der Zentralmensa und dem Neubau der Grundschule zusätzlich belastet ist.

Mir sind folgende Schwachpunkte aufgefallen:

  • Das Verkehrszeichen „244.1 Beginn einer Fahrradstraße“ ist an der Einfahrt in die Lange Feldstraße ungünstig platziert und wird durch den Baum und die Ampel für einfahrende Autofahrer fast unsichtbar gemacht. Das große Plakat auf der gegenüberliegenden Straßenseite wiegt das nicht auf, da das kein gültige Verkehrszeichen im Sinne der StVO darstellt
  • Die eingerichtete Hol- und Bringzone ist für Autofahrer im Verlauf der Schulstraße aus keiner Fahrtrichtung ersichtlich. Es sind lediglich im nördlichen Bereich des Parkplatzes ca. 10-15 Stellplätze als zu dieser Hol- und Bringzone zugehörig durch Schilder markiert. 

Nach Ansicht der Situation vor Ort habe ich der Verwaltung folgende Vorschläge unterbreitet:

  • Das Verkehrszeichen 244.1 wird gegen ein größeres, besser im Sichtfeld einfahrender Autofahrer*Innen postiertes ausgetauscht.
  • Entlang der Schulstraße wird, beginnend an der Fußgängerampel am Haus Gehrden und aus der anderen Fahrtrichtung kommend beginnend ab der Kreuzung Vivaldi Straße/Schulstraße, durch geeignete Schilder/Plakate (beispielsweise an den Straßenlaternen) deutlich und gut sichtbar auf die eingerichtete Hol- und Bringzone und ihren Standort hingewiesen.
  • Entsprechende Hinweise sind auch entlang der Lange Feldstraße östlich der Kreuzung Ampelkreuzung, ab ca. Weetzener Straße anzubringen
  • An Schultagen wird zwischen 07:00 – 08:00 Uhr, ein zeitlich befristetes Einfahrverbot in die Lange Feldstraße im Bereich Schwimmbad/Schulen ausgesprochen. Dies wird durch Zusatzzeichen „Einfahrt für Schulbedienstete frei“ ergänzt.
  • An Schultagen wird der Baustellenverkehr grundsätzlich erst ab 08:00 Uhr gestattet. Dies ergibt sich auch logisch aus dem vorhergehenden Vorschlag.
  • Durch den unterstützenden Einsatz von Schülerlotsen wird die Einhaltung der Regeln eingefordert.
  • Die Verwaltung und die Schulleitungen führen gemeinsam und für einen Zeitraum von mindestens 2-3 Monaten eine Informationsoffensive durch, um für die notwendige Bekanntheit der Regelungen sorgen. 

Erfreulicherweise gab es dazu Mitte Oktober, sehr zügig nachdem ich meine Beobachtungen der Verwaltung mitgeteilt habe, eine sehr positive und konstruktive Reaktion mit ersten konkreten Maßnahmen die umgesetzt werden sollen:

Antwort der Verwaltung:

Die Fahrradstraße als Element ist neu und erstmalig in Gehrden etabliert worden, daher muss viel Informationsarbeit geleistet werden.  Auch wir haben die ersten Wochen die Situation beobachtet und teilen daher viele deiner Anmerkungen.

  • Ein größeres Schild für den Beginn der Fahrradstraße ist bereits bestellt. Auch die Positionierung haben wir bereits bemängelt. Das Schild wird zeitnah nach hinten versetzt.
  • Die Idee auf die Hol- und Bringzone von beiden Seiten kommend bereits durch Schilder aufmerksam zu machen, greifen wir auf. Der Außendienst wird zeitnah schauen, welche Positionen für entsprechende Schilder in Frage kommen. Parallel schauen wir, ob es die Schilder auch mit Richtungspfeilen zu bestellen gibt oder welche Alternativen der Markt hier hergibt.
  • Da Herr xxx aktuell erkrankt ist, konnte ich in der kurzen Zeit eine zeitlich begrenzte Sperrung nicht final klären. Aus Gesprächen mit Herrn xxx über die Lange Feldstraße, weiß ich aber, dass eine temporäre Sperrung mit der Teilöffnung für bestimmte Gruppen (Lehrkräfte, Lieferverkehr AWO) nur schwer durchzusetzen ist. Wir werden dies aber nochmal prüfen.
  • Die Baustellen und deren Verkehr nehmen eigentlich schon Rücksicht auf die Stoßzeiten und vermeiden hier das Rangieren im Schülerverkehr. Eine grundsätzliches Einfahrverbot ist hier nicht realisierbar. Ich habe morgen eine Gesprächsrunde mit allen Bauleitern und Architekten der drei großen Baustellen in der Langen Feldstraße. Hier werde ich die Thematik nochmal deutlich ansprechen.
  • Der Einsatz von Schülerlotsen macht nur als „Querungshilfe“ Sinn. Nach Rücksprache mit der Verkehrswacht dürfen Schülerlotsen keine Regeln kontrollieren oder zum Absperren von Straßen eingesetzt werden. Ihre einzige legitimierte Aufgabe ist es, Schulkindern bei der Querung von vielbefahrenen Straßen zu unterstützen. Ein Verbot der Einfahrt, wenn es kommen sollte, kann nur die Polizei kontrollieren
  • Im Quartalsgespräch mit den Schulleitungen werden wir die Sensibilisierung der eigenen Eltern nochmal ansprechen. Hier ist die Zielgruppe die erreicht werden muss. Da haben die Schulleitungen sicherlich auch noch Ihren Beitrag über Elternbriefe und direkte Ansprache zu leisten.

Nachdem ich nun feststellen muss, dass auf der einen Seite die Verwaltung, die Schulleitungen aller Grundschulen, der Schulelternrat der GOBS und der Stadtelternrat mit mir die bestehende Situation als untragbar beschreiben und andererseits nach mehr als einem Monat keine der zugesagten Maßnahmen umgesetzt wurde, hat meine Ratsgruppe sich entschlossen das Thema in den Rat und die Ausschüsse zu tragen.

Aber was ist eine Schulstraße überhaupt und warum fordern wir diese?

Bild eines österreichischen Verkehrsschildes einer Schulstraße
Verkehrsschild Schulstraße in Österreich

Auf der Webseite der Projektgruppe „Aktionstage zu Fuss zur Schule und zum Kindergarten“, mit den Projektpartnern Deutsches Kinderhilfswerk, Verkehrsclub Deutschland und Verband Bildung und Erziehung (VBE) kann man lesen:

„Konkret bedeutet „Schulstraße“, dass die Straße vor der Schule in den Zeiten rund um Schulbeginn und -ende für den Autoverkehr gesperrt ist – meist für eine halbe Stunde. Wenn der größte Ansturm vorbei ist, ist die Straße wie gehabt geöffnet. Es kann so sichergestellt werden, dass alle Kinder die Möglichkeit erhalten, sicher ihren Schulweg zu bestreiten.“ 

Der Wikipedia-Artikel führt aus:

Das Konzept der Schulstraße wurde in den 1980er Jahren entwickelt.

  • Die Planung und Einrichtung von Schulstraßen begann in den 1980er Jahren in Europa.
  • Im Jahre 1989 wurde im italienischen Bozen die erste Schulstraße eingerichtet. Aufgrund zahlreicher Beschwerden wurde dort das Durchfahrtsverbot auf nur wenige Benutzergruppen reduziert. Allerdings haben sich dort nun die Schulstraßen etabliert und es wurden weitere Sperrungen veranlasst.
  • In Belgien wurde 2012 die erste Schulstraße in Gent eingerichtet und die Anzahl ist bis zum Jahre 2020 auf 12 gestiegen. Mittlerweile wurde der Straßentyp dort explizit in die Straßenverkehrsordnung aufgenommen und entsprechende Verkehrszeichen eingeführt. So wurden auch außerhalb Gents viele Schulstraßen eingerichtet.
  • Im Rahmen des niederländischen Projekts Childstreet wurde über Sicherungsmaßnahmen im Umfeld von Schulen geforscht. Im Zuge dessen wurde 2019 in Den Haag eine Schulstraße eingerichtet.
  • In Großbritannien wurde 2015 die erste Schulstraße in Schottland eingerichtet und es folgten 2017 weitere in England. Mittlerweile gibt es dort rund 140 Schulstraßen.
  • In Deutschland ist dieses Konzept kaum verbreitet. Allerdings finden hier sogenannte Kiss & Go-Zonen, wo Eltern ihre Kinder mit dem Auto abliefern können, größerer Beliebtheit.
  • In Folge der Corona-Pandemie haben sich das Mobilitätsverhalten und die Sicherheitsanforderungen verändert. So wurden in Folge beispielsweise in Gent sieben weitere Schulstraßen eingerichtet und in den Niederlanden wurde die Schulstraße als Standardlösung vor Grundschulen zum Schulstart empfohlen.
  • In Österreich wurden Schulstraßen zum 1. Oktober 2022 eingeführt, sie sind in § 76d StVO definiert.

Wenn auch noch kaum verbreitet, wie der Wikipedia-Artikel aussagt, gibt es mittlerweile in Deutschland erste Beispiele für Schulstraßen in Köln. In Berlin gibt es vergleichbare Initiativen.

Auch hier in der Region Hannover gibt es mit der Liepmannstraße in Linden vor der Albert-Schweitzer Schule seit 2020 ein Vorbild.

Verkehrsschild Durchfahrtverbot Liepmannstraße, Hannover Linden
Durchfahrtverbot Liepmannstraße, Hannover Linden

Warum also in Gehrden?

  • Mit dem Umzug der Grundschule Am Castrum zum Schuljahreswechsel 2024/25 konzentrieren sich entlang der Lange Feldstraße drei Grundschulen und die OBS mit insgesamt mehr als 1.200 Schülern und Schülerinnen.
  • Die Verkehrssituation in der Lange Feldstraße ist auf absehbare Zeit nicht nur durch den Hol- und Bringverkehr (die s.g. Elterntaxis) belastet.
  • Entlang der Straße verkehrt in erheblichem Umfang und auf weitere Frist Baustellen-bedingter Schwerverkehr, sowie Lieferverkehr zu den Schulen und der AWO-Residenz an der Straße Thiemorgen.
  • Mit Beginn der Arbeiten zur Errichtung des Ersatzneubaus des Klinikums ist geplant, den Baustellenverkehr ebenfalls über die Kreuzung Schulstraße – Lange Feldstraße im weiteren Verlauf über Dammstraße und Franzburger Straße zum Klinikum zu führen.

Und wie stellen wir uns das vor?

  • Wir bringen einen Antrag zur Einrichtung eines temporären Durchfahrtverbots in Form einer Schulstraße für die Lange Feldstraße im Bereich vor den Grundschulen in den Rat ein.
  • Auf die explizite Errichtung einer Schulstraße kann verzichtet werden, wenn für die Fahrradstraße ein gleichartiges Durchfahrtverbot, analog dem Beschluss zur Liepmannstraße in Linden erlassen wird.
  • Der Antrag umfasst ebenfalls eine verbesserte Ausschilderung der Fahrradstraße und der Hol- und Bringzone, wie zuvor bereits dargestellt.
  • Wir beantragen dem Klinikum Region Hannover als Bauherrin aufzugeben, dass an Schultagen zwischen 07:30 und 08:00 Uhr kein Schwerlastverkehr über die Kreuzung Schulstraße – Lange Feldstraße geführt werden darf.
Kartenausschnitt, der den Geltungsbereich der vorgeschlagenen Schulstrasse darstellt.
Lange Feldstrasse: Gelb markiert der Bereich der vorgeschlagenen Schulstrasse

Unsere Ratsgruppe hat im Anschluss an die Informationseinholung bei Verwaltung, Schulen und Eltern im Rahmen der Sitzung des Ausschusses für Mobilität, Sicherheit und Brandschutz am 21.11.2023 die politische Arbeit an diesem konkreten Thema begonnen.

Wir werden das als nächstes im Ausschuss für Bildung, Erziehung und Betreuung am 28.11.2023 einbringen und sind bemüht eine möglichst breite Unterstützung für diese Idee zu erreichen, um bestenfalls einen gemeinsamen Antrag mit weiteren Fraktionen in den Rat einbringen zu können.

Unser Ziel ist die Einrichtung einer Schulstraße zum 01.08.2024.

Haben Sie Ideen, oder Bemerkungen? Wollen Sie uns unterstützen? Sprechen Sie uns gerne an!

Quellen:

4 Kommentare

  1. André

    Bitte „Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge“ (Zeichen 260) nicht mit „Durchfahrtsverbot“ (Zeichen 267) verwechseln.
    Und ich hoffe das [P→] Schild (Zeichen 314-20) soll nicht den Weg zum Parkplatz ausweisen, denn in der Form würde er rechtsstehend das Ende eines Parkbereiches ausweisen. Für die Ausweisung des Weges zum Parkplatz wären Zeichen 314 mit Zusatzzeichen 1000-20 bzw- 1000-21 richtig.

  2. Jeanine Saâdani

    Von mir ein paar persönliche Eindrücke. Ich arbeite an der OBS Gehrden, d.h. komme jeden Morgen mit dem Rad und habe beobachtet, daß sich die Bauarbeiter etc. schon sehr rücksichtsvoll verhalten. Jedoch sind es die Eltern, ein Vater blieb mitten auf der Straße für mind. 5 Minuten stehen und versperrte kurz nach der Ampel, am Baucontainer, allen Straßenteilnehmern, die Weiterfahrt. Manche Eltern, lassen während sie ihr Kind bis zur Eingangstür am JUPA bringen, ihren Motor laufen und besetzen manches Mal sogar 2 Parkplätze. Insgesamt ist die Situation schon sehr schwierig,
    wird aber leider durch die sog. Elterntaxis wesentl. verschlimmert. Von daher plädiere ich für das zeitbegrenzte Durchfahrtsverbot. Ich danke für ihre Aufmerksamkeit.

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